Es wird kalt in Deutschland. Oder wohl doch eher deutsch in Kaltland?
Wie auch schon letztes Jahr um die gleiche Zeit sammeln sich deutschlandweit wieder aufgebrachte Bürger_Innen-Mobs um gegen Geflüchtete, Sinti und Roma und Islamisierung zu hetzen. Dabei wird vor allem gern mit Stammtischparolen um sich geworfen, Rassendenken geschürt und eine widerliche „Wir-sind-Bürger-keine-Nazis“-Polemik an den Tag gelegt.
So auch in Greiz am 12.12.2014. Man will sich „gegen diese volksfeindliche Asylpolitik“ wehren. Es soll eine Kundgebung mit anschließender Demonstration durch Greiz geben. Diese Veranstaltung reiht sich ein in eine Serie rassistischer Kundgebungen und Demonstrationen, welche im September 2013 startete. Am 13.09.2013 wurde in Greiz-Pohlitz ein ehemaliges Lehrlingswohnheim als Flüchtlingsunterkunft eröffnet. Gleich darauf mobilisierte der Greizer Neonazi David Köckert, welcher sich im „Blood&Honour“-Umfeld bewegte und inzwischen für die NPD im Greizer Stadtrat sitzt, mithilfe Kevin Pahnkes, der sich früher die Zeit bei der RNJ (Revolutionäre Nationale Jugend) und dem inzwischen verbotenen FNS (Freies Netz Süd) vertrieb und momentan bei der Nachfolgeorganisation und Partei „Der III. Weg“ aktiv ist, gegen dieses Wohnheim. Bei den Kundgebungen einer selbsternannten „Bürgerinitiative“ wurden gezielt Ängste und Vorurteile der ansässigen Bevölkerung aufgegriffen und rassistische Ressentiments befeuert. Schnell zeichnete sich ab, dass – mal abgesehen von wenigen Anwohner_Innen – die Teilnehmer_Innenzahlen dieses „Events“ nur durch die Anreise diverser Nazistrukturen aus der Region aufrechterhalten werden konnten, was das Gefahrenpotential für die Bewohner_Innen der Flüchtlingsunterkunft jedoch nicht verringerte. Als adäquate Antwort auf die rassistische Hetze zog am 09.11.2013 eine antirassistische Demonstration mit rund 500 Teilnehmer_Innen durch Greiz. Thematisiert wurde dabei nicht nur die anhaltende Mobilmachung gegen das Flüchtlingswohnheim, sondern auch der Umgang der Lokalpolitik, welche lediglich an Imagepflege der Stadt interessiert war, sowie der staatlich verordnete Rassismus, welcher geflüchtete Menschen nach wie vor in ihrer individuellen Entscheidungsfreiheit einschränkt und sie in menschenunwürdigen Verhältnissen leben lässt.
Wenige Tage danach wurde überregional zu einem Fackellauf gegen die Flüchtlingsunterkunft mobilisiert. Die Veranstaltenden riefen zu einem zweiten Schneeberg auf, jedoch folgten dem Aufruf lediglich 180 Nazis, Rassist_Innen und Wutbürger_Innen aus Greiz, Thüringen und Sachsen. 400 Personen schlossen sich den Gegenprotesten an. In der Folgezeit wurde es ruhiger in Greiz – die „Bürgerinitiative“ um Köckert fuhr ihre öffentlichen Aktivitäten erheblich zurück. Eine Rolle spielte vermutlich auch der Umstand, dass die beteiligten NPD-Angehörigen und Kameradschaftsnazis nicht damit gerechnet hatten, enttarnt zu werden – als das was sie sind, nämlich widerliche Rassist_Innen, die mit ihren vermeintlichen „Sorgen“ um ihr Viertel eine rassische Reinheit der Stadt fordern und diese notfalls mit physischer Gewalt bis hin zu Brandstiftung und Totschlag umsetzen würden.
Trotz des Gegenwindes – die latente Hetze von Köckert und Konsorten_Innen auf Facebook ging in der Zwischenzeit unvermindert weiter. Auch am repressiven Umgang der Stadt Greiz mit den dort untergebrachten Geflüchteten hat sich wenig geändert. Unterdessen haben sich in den nahegelegenen Städten Werdau und Zeulenroda ebenfalls „Initiativen“ gebildet, die gegen dort untergebrachte Geflüchtete mobilisieren. In Werdau demonstrierten am 5. Juli 2014 etwa 200 Nazis und Bürger_Innen gegen die dortige Gemeinschaftsunterkunft, unter tatkräftiger Beteiligung Greizer Nazis. Währenddessen beschränkt sich die Aktivität der Zeulenrodaer „Nein zum Heim“-Wutbürger_Innen bislang hauptsächlich auf das Internet, wo sie bei Facebook mit Schwarz-Rot-Goldenem Pathos Schreckensmeldungen über angebliche „Kriminalität“, die von Geflüchteten ausgehe, verbreiten.
Gegen Geflüchtete zu hetzen, sie verbal oder physisch zu attackieren, hat in Greiz lange Tradition. Bereits 1991 und 2003 gab es dort Anschläge auf Unterkünfte von Asylbewerber_Innen. Das gegenwärtige politische Klima in Deutschland trägt dazu bei, dass eine Wiederkehr der Pogromstimmung der 90er Jahre möglich wird. Einer Verschärfung der rassistisch aufgeladenen Atmosphäre in der Region werden wir nicht tatenlos zusehen!
Kommt am 12.12.2014 nach Greiz! Lasst uns gemeinsam den Aufmarsch der Rassist_Innen kritisch begleiten!
Solidarität mit allen Geflüchteten! Kein Mensch ist illegal!
Weitere Infos folgen in Kürze.