Wie in kaum einer anderen Region, haben es Neonazis geschafft, im thüringisch-sächsischen Vogtland den Alltag zu dominieren.
Eigentlich wollen Stefan und seine zwei Freunde an einem heißen Tag im Mai dieses Jahres im sächsischen Netzschkau nur ein Eis essen gehen, als sie bemerken, dass sie von zwei Neonazis beobachtet und später auch verfolgt werden. Als die drei Freunde an ihrem PKW ankommen, glauben sie nicht mehr, dass etwas passieren könnte, schließlich ist es noch mitten am Nachmittag und die Straße voller Menschen. Doch kaum sitzen sie in ihrem Auto, versuchen die zwei Verfolger die Autotüren aufzureißen, was ihnen nur an der Hintertür gelingt. Sie wollen Stefans Freund aus dem Auto ziehen und boxen und treten in das Innere des Wagens. Als einer der Angreifer kurz pausiert, schließt Stefan schnell die Tür und die drei fahren davon. Für Stefan und seine Begleiter ist das Ganze keine „große Sache“, Anzeige erstatten sie nicht. Man ist im thüringisch-sächsischen Vogtland, besonders in der Region zwischen Greiz und Plauen, anderes gewohnt. Bedrohungen, Pöbeleien und Gewalt gehören zum Alltag, so auch für Martin, der seinen richtigen Namen lieber nicht nennen möchte. Er gehört zu den wenigen, die sich hier aktiv gegen Neonazis engagieren, daher rückte er in den Fokus rechtsextremer Gewalttäter. „Mein Auto wurde schon mehrfach beschädigt“, sagt Martin und berichtet weiter von verbalen Bedrohungen und Schmierereien im Stadtbild, die sich gegen ihn persönlich richten.
„No Go Areas“ in Greiz
Exemplarisch für diese Gegend ist die „Perle des Vogtlandes“, die Kleinstadt Greiz, mit ihren rund 22 000 Einwohnern. Hier wird das Problem mit Rechtsextremisten einfach totgeschwiegen, schließlich lebt die Stadt vom Tourismus. Ein öffentlicher Umgang mit dem Thema ist unerwünscht, dies spiegelt sich auch am Umgang mit menschenverachtender Gewalt wieder. Dort wo noch vor einiger Zeit die örtliche Flüchtlingsunterkunft stand, ist heute nur noch eine Brachfläche zu sehen. Kein Schild, keine Tafel, nichts weist auf den hier geschehenen Brandanschlag im Jahr 2003 hin. Continue reading Angstraum Vogtland