Bislang blieb es in den letzten Monaten im westsächsischen Vogtlandkreis und der Kreisstadt Plauen ruhig, was rassistische Mobilisierungen betrifft – zumindest, was den sachsenweiten Vergleich angeht. Inzwischen haben Nazis und Wutbürger*Innen das rassistische Potential entdeckt und am Wochenende gleich zwei Kundgebungen in der Plauener Innenstadt durchgeführt.
Um die 400 Rassist*Innen versammelten sich am vergangenen Freitag (18.09.) im Plauener Stadtzentrum bei einer von der NPD initiierten Kundgebung. Aufgerufen hatte die Website “Plauen wehrt sich”, die sich schon kurz nach ihrer Gründung als NPD-Ableger herausstellte. Die überraschend hohe Beteiligung von Alt- und Jungnazis, NPD-Kadern, III.Weg, DML, AfD- und “Die Rechte”-Mitgliedern sowie rechtsoffenen Bürger*Innen wirft ein Licht auf die derzeit hohe Mobilisierungsfähigkeit von rassistischen Diskursen über marginale neonazistische Kleingruppen hinaus.
Immer wieder wurden aus dem pöbelnden, johlenden und erheblich alkoholisierten Mob heraus Hitlergrüße gezeigt sowie Gegendemonstrant*Innen und Geflüchtete bedroht. Anmelder der Versammlung war der Dresdener NPD-Stadtrat Jens Baur, als Redner traten Arne Schimmer (NPD-Kreisrat Vogtland), Jürgen Gansel (NPD Sachsen) und die Greizer Goebbels-Parodie David Köckert (NPD Thüringen) auf. Der Gegenprotest von Bürger*Innen und Antifaschist*Innen blieb mit etwa 200 Demonstrant*Innen überschaubar.
Auch die Aluhut-Fraktion sieht im offensiver auftretenden rassistischen Mob ihre Chance. Bei der “Plauen wehrt sich”-Kundgebung wurde kräftig die Werbetrommel für eine obskure Kundgebung unter dem Motto “Du bist Deutschland” gerührt, die am Sonntag (20.09.) am Plauener Wendedenkmal stattfand. Unter den Forderungen der angeblich “weder rechten noch linken” Veranstalter finden sich sowohl Parolen wie “Asylmissbrauch stoppen” und “gegen einseitige Medienberichterstattung”. Etwa 150 Menschen folgten dem Aufruf der Veranstalter Michael Oheim, Tilo Eckard und Oliver Gottsmann. Michael Oheim betreibt die Bar “La Bohéme” am Plauener Dittrichplatz, aus der zufällig am 01.09.2015 mehrere Nazis Fotoaufnahmen von der antirassistischen Demonstration machten, die später auf der Naziseite “Plauen bleibt braun” bei Facebook landeten. Wieder beteiligten sich auch Nazis des “III. Weg” und verschiedene stadtbekannte Schläger des Securityunternehmens “C.O.P.S.” an der Kundgebung.
Ansonsten zog die Veranstaltung vor allem die übliche gewaltaffine “Thor Steinar”-Fraktion und gaffende Wutwichtelbürger*Innen an. Dass auch wirklich jeder noch so marginale Hinterbänkler der Lokalpolitik nun seine Chance gekommen sieht, zeigt der grenzwertig verwirrte Redebeitrag von Gunnar Gemeinhardt. Dieser stellte sich als Kandidat für die Landratswahl 2015 auf. AfD sowie SPD gaben ihm eine Wahlempfehlung. Gemeinhardt brachte in einem Redebeitrag seine Ängste zum Ausdruck, dass seine Kinder in Zukunft die Schule nur noch mit Burka bekleidet betreten dürften.
Auch in den kommenden Wochen dürfte Plauen nicht zur Ruhe kommen: Nun stehen zwei Kundgebungen der neonazistischen Partei “Der III. Weg” vor der Tür, die gern von der rassistischen Grundstimmung profitieren würde. Am Samstag dem 26.9. wollen die Nazis um Rico Döhler, welcher am 19.09. als Beisitzer in den Vorstand der Partei gewählt wurde, mit Fackeln vor der Geflüchtetenunterkunft in der Kasernenstraße aufmarschieren und am Freitag dem 02.10. soll eine weitere “Asylflut stoppen”-Kundgebung vor der Stadtgalerie im Zentrum stattfinden. Währenddessen kündigen die Veranstalter der “Sonntagsmahnwachen” an, ihren Wahn künftig wöchentlich am Altmarkt zu propagieren.