Natürlich handelt es sich bei dem, was der III. Weg innerhalb der rechten Szene als Vormarsch verkauft, vor allem um eine leicht zu durchschauende Propagandastrategie: indem beispielsweise auf der Homepage mit großem Pathos neue „Stützpunktgründungen“ gefeiert werden oder Kleinstaktionen wie Flyerverteilungen als Beispiel für den Aktivismus der Partei herhalten müssen.
Dennoch warnen wir davor, die Nazis vom III. Weg zu unterschätzen – deshalb am 1. Mai auf nach Gera!
Im Moment besteht noch nicht die akute Gefahr, dass der “III. Weg” sich zu einer faschistischen Massenbewegung entwickelt. Dennoch ist es notwendig, dass der Ausbreitung Einhalt geboten wird – um Antifaschist*Innen aus Halle zu zitieren, die am 1. Mai ebenfalls mit einem Nazimob in ihrer Stadt konfrontiert sind, “nicht für ein besseres Deutschland, nicht für ein bunteres Halle (oder Gera) oder den nazifreien Szenekiez. Sondern: Weil es richtig ist, ihnen in die Suppe zu spucken.” Doch was Gera und den “III. Weg” angeht, kommen aus unserer Sicht noch einige Faktoren hinzu.
Der Grund, einer antifaschistischen Mobilisierung ins Hinterland zu folgen, mag simpel erscheinen: Um die (häufig auf sich allein gestellten) Antifaschist*Innen in der Provinz, diesmal speziell in Gera, zu supporten. Die Strategie der Nazis besteht seit Gründung der als Partei formierenden Kaderorganisation vor allem in der Eroberung von Räumen über die Integration bereits bestehender rechter Strukturen. Der jährliche Aufmarsch zum 1. Mai, der in den letzten Jahren zu großen Teilen in einem relativ klar definierten kleinen Gebiet stattgefunden hat (2012: Hof/Saale, 2014: Plauen, 2015: Saalfeld, 2016: Plauen) war stets ein Signal an die lokalen Nazistrukturen ebenso wie an ihre Gegner*Innen. Das Datum markiert die Ausbreitung der neofaschistischen Gruppe(n) in neues Gebiet und besitzt hohen Symbolgehalt. Mit der jährlichen 1.Mai-Demonstration, welche bereits vor der Entstehung des “III. Wegs” vom Kameradschaftsnetzwerk “Freies Netz Süd” veranstaltet wurde, wird weniger eine tatsächliche Mobilisierung der Arbeiter*Innen für eine völkisch-rassistische Bewegung angestrebt – das wäre zum jetzigen Zeitpunkt, so sehr dies der “III. Weg” auch in seiner Ästhetik propagiert, kaum im Bereich des möglichen. Stattdessen wird am 1. Mai symbolisch…
– die Einheit einer völkisch-rassistischen “antikapitalistischen” Bewegung betont
– diese Einheit natürlich unter Vorherrschaft des “III. Wegs” gestellt
– Anspruch auf den öffentlichen Raum in der betreffenden Stadt erhoben
– und eine Drohkulisse gegenüber Antifas, Migrant*Innen und selbst der nicht-rechten Zivilgesellschaft aufgebaut.
Diese Drohkulisse wird dann schließlich in die Tat umgesetzt: wenn im Zuge von Demos Antifaschist*Innen und Unbeteiligte attackiert und schwer verletzt werden, wie in Saalfeld 2015 und Plauen 2016. Wenn sich der “III. Weg” aufgrund fehlenden Widerstands schließlich so bestätigt fühlt, dass die Kader eine rechte Hegemonie in Stadtteilen umsetzen. Wenn die Propaganda der Nazis unwidersprochen bleibt und so ihre Funktion erfüllt, nämlich Radikalisierungsprozesse vor Ort anzustoßen und Nachahmer*Innen für menschenverachtende Handlungen zu motivieren (ein Beispiel ist die Stadt Bitterfeld, wo es 2015 nach dem Zuzug von III.Weg-Kadern zu einer Anschlagsserie auf linke Projekte und Menschen kam). Und wer weiß schon, ob sich Kader aus dem rechtsterroristischen Milieu, von denen es einige gibt, so ermutigt fühlen, dass sie wieder versuchen, ein jüdisches Gemeindezentrum in die Luft zu sprengen, wie es die heutigen Münchener Stützpunktmitglieder Statzberger, Wiese und co. im Jahr 2003 planten? (siehe dazu: https://www.aida-archiv.de/index.php/aktuelles-2/43-rechte-in-men/weitere-rechte-aktivitn/62-10-september-2003-mchen-sprengstoff-fund-martin-wiese-festgenommen )
Antifa ist und bleibt Selbstschutz. Wenn wir den beabsichtigten Vormarsch von militant faschistischen Gruppen quer durchs Hinterland bis in die Städte nicht aufhalten, besteht die konkrete Gefahr, dass Kaderorganisationen wie der „III. Weg“ und ihre Verbündeten aus Kameradschaften und Hoolgruppierungen bald überall ungehemmt zur gezielten Attacke auf linke und emanzipatorische Projekte übergehen. Dieser Umstand ist bereits jetzt schon real, denn die mitunter willkürlich und zufällig scheinenden Übergriffe und Einschüchterungsversuche auf politische Gegner*Innen sind teilweise gezielter als es scheint. Von einer rassistischen Hegemonie, die Migrant*Innen abseits weniger „Inseln“ heute schon in ganz Deutschland täglich bedroht, einmal ganz abgesehen. Wenn wir uns und unsere emanzipatorischen Kämpfe nicht selbst schützen – wer sollte es dann tun?
Es ist wichtig, sich auch im sogenannten Hinterland zu vernetzen und zu unterstützen, um somit die Stärkung von rechten Strukturen zu erschweren und zugleich für uns lebenswerte Umstände zu schaffen. Wenn wir in der Lage sind, sich gegen rechte Angriffe zu verteidigen, können wir Räume schaffen, in denen emanzipatorische Kämpfe real werden. Also lasst uns zusammen das Hinterland aufwühlen!